Frueher, als ich noch jung war *cough*, da habe ich total gerne Radio gehoert. Ich weiss noch, wie wir uns Sonntags in der Rheinaue getroffen haben, um zusammen „Die Elmi Radio Show“ oder „Hitline“ zu hoeren. Bei Hitline wurden 2-3 Stunden die Deutschen Charts gespielt. Und beinahe jedes Lied wurde – ACHTUNG – *komplett ausgespielt*! Da hatte man dann die Moeglichkeit „seine“ Lieder auf Kassette aufzunehmen und spaeter noch mal zu hoeren. Fast nicht mehr vorstellbar heute. Wenn uns morgens das Radio wachmacht, muss man eigentlich *vor* 6:00 Uhr aufstehen, da es ab dieser Uhrzeit nur noch nervt. Da darf man sich dann 3-5 mal pro Stunde anhoeren, wie toll man z.B. mit „Hirsch und Weg“ nach XYZ kommen kann, wenn man nur ja den ganzen Tag den Sender hoert um spaeter telefonisch eine Frage beantworten zu koennen. Zwischenzeitlich nerven wirklich bloede Jingles und die Moderatoren sind einfach nur unwitzig. Die Nachrichten zur vollen Stunde sind mit 2-3 Minuten Laenge kaum als solche zu bezeichnen. Die Nachrichten zur halben Stunde sind eher eine kurze sprachliche Unterbrechung des nervenden Einerleis, unterlegt mit einem wichtigen und nervenden Soundsample. Anschliessend wird ins Verkehrszentrum umgeschaltet und auch der obligatorische Wetterbericht mit dem Wetterman (gefuehlte Aussprache: Wettermaeaeaeaen) und den Temperaturmeldungen der „Wettermelder“ duerfen nicht fehlen.
„Papa, Charly hat gesagt, sein Vater hat gesagt, frueher war Radio einfach besser.“
„So? Hat Charly’s Vater denn auch gesagt warum Radio frueher einfach besser war?“
„Ja. Er meinte frueher hatte Radio mehr Inhalt und Lieder wurden zum Beispiel auch komplett gespielt. Was meint er denn mit mehr Inhalt Papa?“
„Damit wollte er wohl sagen, dass der Informationsgehalt hoeher als heute war und man Wert auf Qualitaet gelegt hat.“
„Aber Radio ist heute doch digital. Da ist die Qualitaet doch ganz bestimmt besser.“
„Nein, er wollte damit nicht sagen, dass es im Radio weniger rauscht. Die Sendungen und Berichte hatten einfach mehr inhaltliche Qualitaet. So gab es zum Beispiel Sendungen, die sich eine ganze Stunde nur mit einer Musikrichtung befasst haben. Auch gab es Berichte zu aktuellen Ereignissen, die im Gegensatz zu den heutigen Jingle-geschwaengerten Kurzeinspielern, echte Informationen lieferten. Und das manchmal ueber einen Zeitraum von sage und schreibe 10 Minuten!“
„Ach so. Charly’s Vater meinte also nicht wie es sich praesentiert, sondern wie es drin ist. Also so wie Butter.“
„Hm? Wie, wie Butter?“
„Ja, du sagst Sonntags beim Fruehstueck doch auch oft, dass du am liebsten die die gute deutsche Qualitaetsbutter magst.“
„Ja und?“
„Ja und die Verpackung sieht zwar doof aus, aber was drin ist schmeckt dann doch klasse.“
„So kann man es natuerlich auch sehen.“
„Hat Charly’s denn jetzt Recht, dass Radio frueher einfach besser war?“
„Ja, wuerde ich schon sagen. Heute ist auch kaum noch jemand in der Lage einem laengeren Bericht zu folgen. Viele fragen sich ja nach kurzer Zeit schon, wann endlich die Werbung kommt, damit man noch mal auf’s Klo kann.“
„Papa, darf ich auch mal auf’s Klo?“
„Also wirklich…“